Freitag, 24. Mai 2013

KAPITEL 7


Wir lagen im weichen, bequemen Hotelbett, meine Kopf auf Neils Schulter und er streichelte träge mein Haar. Das einzige Licht im Raum war das fluoreszierende Leuchten der New Yorker Nacht von draussen und die Beleuchtung des blöden Weckers. 

„Es ist ein Uhr.“ raunte ich. Ich wollte das Bett nicht verlassen.
Lieber wollte ich bei Neil eingekuschelt liegen bleiben, warme Haut an warme Haut gepresst und schlafen, bis wir beide aufwachten, um noch mal zu vögeln.
Eigentlich hatte ich nicht vorgehabt, so lange zu bleiben. Wirklich nicht. Besonders da dies eigentlich zur Zeit seine Wohnung war und eine Übernachtung schien etwas zu weit zu gehen, für unsere erste Nacht zusammen.
Ich hob meinen Kopf und legte mein Kinn auf seine Brust. 
„Es wird Zeit, ich muss gehen.“
„Richtig, du musst ja morgen zur Arbeit.“ Er verzog sein Gesicht, als er seinen Arm bewegte. Ich hatte etwas länger darauf gelegen. „Ich vermute, du hast so einen furchtbaren Scheißkerl zum Chef, der dir nicht den Morgen frei geben würde?“
Ich setzte mich auf und sah mit einem finsteren Blick auf ihn hinab. „Gibt mir mein furchtbarer Scheißkerl- Chef den Morgen frei?“
„Nein.“ Er lachte und hob seine Hände abwehrend, als mir die Kinnlade hinab fiel. „Nein, tatsächlich brauche ich dich morgen früh. Es kommt jemand zum Vorstellungsgespräch und ich will dich dabei haben. Ich wollte nur dein Gesicht sehen, wenn du dachtest, dass ich dir den Morgen frei gebe.“
„Du Arschloch.“ Ich lachte und lehnte mich zu ihm hinab, strich mit meinen Lippen über seine. Es sollte nur ein kurzer Kuss werden, aber seine Hand breitete sich über meinem Rücken aus, während sich seine andere zu meinem Nacken hob. Ich dachte, so lange ich hier gehalten werde, kann ich ihn mich auch ausgiebig küssen lassen. 
„Bist du sicher, dass du nicht bleiben willst?“ fragte er, aber wir hatten das schon mehrfach diskutiert. Er hatte wirklich nicht übertrieben, als er sagte, dass er den Sexualtrieb eines Siebzehnjährigen hatte. 
Ich war vierundzwanzig Jahre jünger als er, aber ich hatte ehrliche Bedenken, ob ich mehrere aufeinanderfolgende Nächte wie diese mit ihm mithalten könnte.
Ich schüttelte meinen Kopf und zwang mich, endlich aufzustehen. Wenn ich noch sehr viel länge bliebe, wäre ich zu müde, um mich auf den Nachhauseweg zu machen.
„Freunde mit Extras bleiben nicht über Nacht. Das habe ich dir doch erklärt.“
„Das hast du. Tut mir leid. Ich bin gierig.“ Er setzte sich auf und schaltete die Nachttischlampe an. „Lass mich dir beim Aufsammeln deiner Sachen helfen.“
Ich hob die Laken auf, die wir versehentlich aus dem Bett gekickt hatten und wickelte mich darin ein. Es war nicht so, dass ich schamhaft gewesen wäre, aber ich dachte mir, je weniger nackt ich war, um so kleiner war die Versuchung, dass wir noch einmal übereinander her fielen. Neil sah das wohl genauso, denn zusätzlich zu den Schlafhosen hatte er noch das Led Zeppelin Shirt angezogen, das ich den ganzen Abend immer wieder an und ausgezogen hatte.
Mein BH war im Schlafzimmer, mein Kleid war im unteren Stockwerk. Ich zog gerade den Rockteil zurecht, als mir etwas einfiel. „Du hast noch meinen Slip.“
„Oh, habe ich?“ Er hatte sich gerade herunter gebeugt, um den Schuh aufzuheben, den ich früher am Abend vom Fuß geschleudert hatte. „Ja, ich schätze, ich habe ihn vorhin genommen.“
Er benahm sich etwas zu unschuldig, er hatte doch etwas vor! 
„Kann ich ihn zurück haben?“
„Was, wenn ich nein sage?“ Er nahm meinen Schuh und setzte sich auf die Couch. „Möchtest du ein kleines Spiel spielen, Sophie?“
„Was für eine Art von Spiel?“ Ich ging langsam auf ihn zu. Wenn er erst mal seine Hände auf mir hatte, hätte ich nicht die Kraft zu gehen. Mein Körper erwachte bebend zu Aufmerksamkeit, je näher ich Neil kam.
„Ich denke, ich verrate dir kein Geheimnis, wenn ich dir sage, dass ich während des Sex gerne die Kontrolle habe.“ Er hielt meinen Schuh hoch, klopfte sich mit der anderen Hand einladend auf den Oberschenkel und ich hob meinen Fuß vorsichtig. Er schnappte sich mein Fußgelenk und zog mir meinen Schuh an, zuerst an den Zehen, dann am Absatz. Aber er ließ mich danach nicht los. Ich stand da, mit meinem Fuß auf seinem Oberschenkel, mein sowieso schon kurzer Rock rutschte bis zu meiner Hüfte hoch und enthüllte mich komplett.
„Das ist mir schon aufgefallen.“ scherzte ich. Und wie mir das aufgefallen war. Als wir damals miteinander die Nacht im Hotel verbracht hatten, dachte ich, dass er sich dominant verhalten hatte, um meine Unerfahrenheit auszugleichen. Aber heute Nacht war er genauso autoritär gewesen und ich war zu verlegen, um zuzugeben, wie sehr mir das gefiel.
Es lag etwas unglaublich befreiendes darin, nicht erraten zu müssen, was er wollte. Besonders da es so schien, als ob er nichts anderes wollte, als mich so oft und hart kommen zu lassen, wie möglich.
Ich zitterte, als seine Finger nach oben glitten und meine Wade liebkoste. Er schien völlig ungerührt, auch als seine Hand noch höher glitt. „Hast du schon mal mit Dominanz und Unterwerfung experimentiert?“
Meine große Hoffnung sank. „Ja, habe ich.“
„Warst du die Dominante oder die Unterwürfige?“ Seine Finger wanderten über mein Knie, dann zur Rückseite und kitzelten Kniebeuge.
„Einer meiner Ex- Freunde wollte, dass ich ihn fessele und Sachen mit ihm mache.“ Ich schüttelte meinen Kopf. „Das war wirklich nicht mein Ding. Es fühlte sich an als ob er mich dazu aufforderte, alle Arbeit zu machen. Nicht wirklich reizvoll.“
„Verständlich, wenn die Sache so präsentiert wurde.“ Er fuhr fort, mich zu streicheln und jedes Streifen seiner Finger erhöhte meine Erregung. „Ich würde es gerne wie ein Spiel angehen, für dich und für mich. Wie kann ich dich dazu bringen, Dinge zu fühlen und zu erfahren, die du noch nicht kennst? Und für dich liegt die Herausforderung darin, die Kontrolle abzugeben und deine eigenen Grenzen kennen zu lernen.“
Ich schwankte im Stehen. „Wenn du damit weitermachst, komme ich hier nie mehr raus.“
Seine Lippen hoben sich zu einem kleinen Lächeln. „Warst du in einer sexuellen Beziehung jemals die Unterwürfige?“
„Nur bei dir.“
„Stört es dich?“ Seine Hand hielt inne und er suchte die Antwort in meinem Gesicht.
Sollte es? Ich war eine starke, unabhängige Frau, richtig? 
Ich sollte es nicht geniessen, wenn ein Mann mich herumkommandierte. Aber jedes Mal, wenn Neil mir in seiner tiefen, ernsten Stimme ein Kommando gegeben hatte, hatte ich mich fast vor Erregung aufgelöst.
„Soll ich ehrlich sein?“
„Nein, Sophie. Ich will dass du mich anlügst. Ich finde, Kommunikation wird fürchterlich überbewertet.“ Er senkte seinen Kopf und küsste mein Knie.
Achselzuckend antwortete ich: „Es stört mich weniger, als es sollte.“
„Warum sollte es dich stören?“ Sein Mund glitt zur Rundung meiner Wade, seine Hand drückte und streichelte dort.
„Weil von mir erwartet wird, es nicht zu mögen, wenn ein Mann mir Befehle erteilt.“ Ich atmete zitternd ein.
Er hob seinen Kopf und sah mir in die Augen. „Ich denke, du und ich sind uns da ähnlich. Wir machen uns keine Sorgen darüber, was von uns erwartet wird. Im Rahmen der Vernunft.“
Das war wahr, das musste ich zugeben.
„Ich suche keine Frau, die mir 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche gehorsam ist.“ stellte er klar. „Ich habe mich um genügend Dinge in meinem eigenen Leben zu kümmern; auch ohne die zusätzliche Verantwortung, dir rund um die Uhr zu sagen, was du tun sollst. Beim Sex die Kontrolle zu haben, mildes Bondage und mit Sinneseindrücken zu spielen, das ist es, was mir Spaß macht. Auch falls du das nicht ausprobieren willst, wird sich an unserer Vereinbarung nichts ändern. So oder so bin ich wunschlos glücklich. Wenn du aber die Möglichkeiten erkunden willst, werde ich sicher keinen Einspruch erheben.“
„Also...“ Ich tat so, als ob ich es abwägte, ließ mein angewinkeltes Knie etwas weiter zur Seite fallen, um ihm einen besseren Einblick zu geben. „Ich möchte alles wenigstens einmal ausprobieren.“
„Ich bin sehr froh, das zu hören.“ Er wischte spielerisch meinen Fuß zur Seite und stand auf. Seine Hand glitt mein Bein hinauf, unter meinen Rock. Er riss mich an sich und schob zwei Finger in meine Pussy.
Ich krampfte um ihn herum und raunte. Er schluckte das Geräusch, seine Lippen drängten meine auseinander, während er seine Finger langsam aus mir herauszog und wieder hinein schob. „Würdest du jetzt gerne etwas ausprobieren?“
„Ich muss wirklich gehen.“ Ich kicherte gegen seinen Mund. Er drängte mich Schritt für Schritt zurück, seine Finger noch immer in mir, bis mein Rücken auf die kalte Oberfläche der verspiegelten Wand traf. Mich küssend, ließ er seine freie Hand an meinem Arm herab gleiten, um unsere Finger miteinander zu verflechten und hielt meine Hand gefangen.
„Du kannst gleich gehen.“ murmelte er, sein Mund strich meinen Kiefer entlang, seine Finger bewegten sich in mir. „Aber du gehst genauso nach Hause, wie du bist. Nackt, unter einem sehr kurzen Rock.“
Ich wimmerte, als sein Daumen in langsamen, schweren Linien über meine Klitoris kreiste. Ich presste meine Oberschenkel um seine Hand herum zusammen.
„Und während du gehst, mit nichts zwischen deiner bloßen Muschi und der Welt, möchte ich, dass du daran denkst, warum du das tust. Für wen du das tust.“ Seine Hand hielt inne und er sah mir in die Augen. Die Intensität seines Blickes schwappte wie Feuer durch mich. Er fand meinen G- Punkt und drückte fest. „Denk daran, wie es sich anfühlte, auf meine Ankunft zu warten, dich selbst anzufassen während ich dich beobachtete. Denk daran, dass das alles für mich war. Wenn wir zusammen sind, ist all dies für mich.“
Unglaublich, nach einer Nacht pausenloser Vergnügungen, war ich in der Lage noch einen wundervollen Orgasmus zu haben. Meine Muskeln spannten sich an und ich erhob mich auf meine Fußballen, hielt mich an Neil fest. Mein Kopf fiel zurück, aber er fasste mein Kinn und zwang mich, ihn anzusehen, ordnete an: „Öffne deine Augen.“
Ich tat es und unsere Blicke trafen sich, als ich nur vom Druck seiner Finger kam.
Ich kreischte und wand mich, schockiert vom Ausmaß der Befreiung die meinen Körper mit Hitze und widersinnigem Schütteln vor Kälte, erfüllte.
Er zog seine Finger aus mir hervor und drückte sie gegen meine Lippen. Gehorsam öffnete ich den Mund und lutschte sie sauber, nie meinen Blick von ihm nehmend. Mein Puls schlug so schnell, dass ich mir sicher war, er konnte es in meinen Pupillen sehen.
„Ich rufe dir einen Wagen. Falls das für dich okay ist?“ fragte er, nahm meine Hand und hob sie an seinen Mund. Er küsste die Fingerknöchel einzeln.
„Nun, entweder das, oder mein nackter Arsch auf einem U- Bahn Sitz.“ Ich zog mich zurück, löste unsere Hände voneinander. Der Moment war ein bisschen zu nah an eine Linie gekommen, an die ich nicht denken wollte. Ich wollte nicht in die Nähe von Intimität kommen. Zumindest nicht gefühlsmäßig. Noch nicht.
Entschuldigung, Miss Scaife, was soll dieses ,noch nicht‘? schimpfte ich gedanklich mit mir.
Ich glaube, Neil spürte dieses Unbehagen in mir. „Ich rufe an der Rezeption an. Dauert nur einen kleinen Moment.“
Er ging nach oben zurück, aber ich blieb wo ich war. Mit ihm in die Nähe eines Bettes zu gehen, war keine gute Idee. Meine Beine bebten, als ich mich umdrehte, um mich im Spiegel anzusehen. Ich sah auf jeden Fall wie kürzlich gefickt aus. Meine Lippen waren geschwollen, meine Augen strahlten, meine Wangen waren gerötet. Mein Haar war verwuschelt und mein Versuch, es mit den Händen zu kämmen, machte es nur noch unordentlicher. Ich hatte alle Locken herausgeschwitzt.
Ich würde definitiv keine Probleme haben, mich auf unser kleines Spiel zu konzentrieren. Schon jetzt fühlte ich mich ungezogen und ich hatte noch nicht mal das Hotelzimmer verlassen. Ein Schauer durchfloss mich. 
Bei jedem Schritt würde ich an Neil denken, an die Tatsache denken, dass ich etwas ,Böses‘ tat und dass ich es tat, weil er es mir befohlen hatte. 
Und die Vorfreude, die ich schon früher am Abend verspürt hatte, schoss erneut durch mich. Würde es so immer zwischen uns sein?
Du könntest in Schwierigkeiten sein, Sophie.
Neil kam wieder herunter, gerade als ich meine Kleidertasche mit meiner Arbeitskleidung und meine Handtasche eingesammelt hatte. „In fünf Minuten steht der Wagen bereit.“
„Ich denke, ich warte unten in der Lobby.“ Ich würde mich sicherlich nicht hinsetzen und nichts fallen lassen dürfen, aber es würde mich davon abhalten, noch einmal mit ihm ins Bett zu fallen.
Er trat zu mir und legte seine Arme für eine erstaunlich süße Umarmung um mich. „Danke, für mich war es eine wunderschöne Nacht.“
„Für mich auch.“ Ich erhob mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn auf die Wange. „Das machen wir bald wieder?“
„Das hoffe ich doch. Und würdest du das iPad bitte wieder mit ins Büro bringen. Es gibt ein paar Dinge, die ich noch hinzufügen möchte.“
„Tue ich.“ versicherte ich ihm und als mir nichts weiter einfiel, fügte ich hinzu: „Ich sehe dich am Morgen.“
„Ja, bis morgen.“ Er grinste fast verlegen, als ich die Tür hinter mir schloss.

Mit Neil zusammen zu sein, hatte mich überwältigt. Bis zu einem Punkt, dass ich vergaß, welchen Tag wir hatten. Oder welcher Tag morgen war. Oder doch eher heute, da es ja schon nach Mitternacht war. 
Ich kam heim, zog mich um, wusch mein Makeup weg und krabbelte um halb drei ins Bett, ohne daran zu denken, den Alarm an meinem Handy zu überprüfen.
Um halb sechs erwachte ich durch das schrille Piepen und musste fast per Hand meine Lider öffnen. Holli saß am Fußende meines Bettes und sah mich mit weit aufgerissenen Augen über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg an.
Sie trug ihren rosafarbenen Laufanzug über einen grauen Sport BH. „Jemand hat seine morgendliche Verpflichtung vergessen.“
„Ich erinnere mich jetzt daran.“ Ich setzte mich auf, zuckte wegen des Muskelkaters in all meinen Gliedern zusammen. Donnerstagmorgen trainierten wir normalerweise zusammen,  ich hatte jedoch genügend Workout mit Neil gehabt. „Muss ich?“
„Ja. Du hast mir gesagt, dass ich dir keine Ausreden durchgehen lassen soll.“ Ein wirklich ungezogenes Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Ausserdem musst du mir alles erzählen, was gestern Abend passiert ist.“
Einige Freundschaften hatten klar definierte Grenzen, in denen alle Gespräche über Beziehungen an der Schlafzimmertür endeten. So war unsere Freundschaft nicht. Ich zog meine Jogginghose an und krabbelte müde aus dem Bett. „Gib mir zehn Minuten.“
Holli und ich waren Mitglieder in einem rund um die Uhr geöffneten Fitness Studio, dass einen Block von unserer Wohnung entfernt war.
Es war eine kleine Einrichtung und ein Vorteil war, dass es früh am Morgen meistens ziemlich leer war. Das bedeutete vermutlich nichts Gutes für das Bestehen des Studios, aber für den Moment passte das sehr gut zu unseren Ansprüchen.
Wenn man zum Beispiel Privatsphäre brauchte, wenn man seiner besten Freundin jedes speziell kitschige Detail über den wilden Sex mit dem Boss erzählte und dabei ausserdem versuchte, das Kardio- Training auf dem Crosstrainer zu absolvieren.
„Nein, hat er nicht!“ Holli keuchte, nahm einen Schluck aus ihrer pinkfarbenen Alu- Wasserflasche. 
Ihr Ausruf war die Reaktion auf meine geflüsterte Erzählung. Davon wie Neil gesagt hatte, wo er sein Gesicht vergraben wollte und es auch getan hatte. 
„Doch, genau das hat er gesagt.“ Ich vollzog den Pfadfinderschwur und gab mein Ehrenwort. „Erinnerst du dich daran, wie ich immer wieder von dieser Nacht in LA erzählt habe und dass das der absolut beste Sex war, den jemals irgendwer hatte? Er hat das noch übertroffen, bei weitem übertroffen.“
Ein Schauder kroch meine Wirbelsäule hoch, wenn ich nur daran dachte. „Das wirklich kranke daran ist, ist das ich es noch mal tun will, am besten jetzt sofort. Wir haben letzte Nacht dreimal miteinander geschlafen. Er brachte mich zum Orgasmus, direkt bevor ich ging. Mein jährliches Soll an Orgasmen habe ich schon jetzt erfüllt.“
„Wird er es noch mal tun wollen?“ fragte sie, drückte einen Knopf auf dem Display.
Ich nickte. „Von allen unseren Diskussionen darüber, habe ich den Eindruck, dass er das regelmäßig wiederholen will. Und hör dir das an...“
Ich hielt in meiner Ansprache inne. Ich wusste nicht sicher, ob ich den nächsten Teil laut aussprechen konnte, machte mir Sorgen, was Holli denken würde. Was wirklich albern war, wenn man bedachte, wie offen sie sonst perversen Sachen gegenüber war. 
Es überraschte mich, wie wichtig es mir war, ob sie Neil mochte oder nicht und ich sorgte mich, dass sie Neil vielleicht verurteilen würde, bevor sie ihn jemals kennengelernt hatte.
Aber warum sollte das wichtig sein? Ich riss mich aus meinen Gedanken. „Okay, lach nicht. Er möchte Dominanz- und- Unterwerfung- artiges Zeug mit mir machen.“
Ihre Augen weiteten sich. „Oh mein Gott, warum sollte ich darüber lachen? Das klingt doch heiß! Wirst du es tun?“
„Ja, ich möchte es wenigstens mal ausprobieren. Und ich weiß, dass er es wenigstens gut für mich machen wird.“ Ich kicherte in mich hinein.
„Sieh dich nur an, so sicher in deiner Sexualität.“ Holli grinste und zeigte ihre perfekt weissen Zähne. „Also, wie läuft das? Ziehst du dir Lederzeugs an und prügelst die Scheisse aus ihm, oder...“
Ich nahm gerade einen Schluck aus meiner Wasserflasche, als sie das fragte und wäre fast an meinem Wasser erstickt. „Wie kannst du etwas so unglaubliches so unsexy klingen lassen? Aber nein. Er steht darauf, der Boss zu sein.“
„Kriegt er davon nicht genug bei der Arbeit?“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Tu einfach was auch immer du tun willst. Ich glaube nicht, dass ich mich von jemandem fesseln lassen könnte.“
Wir beendeten unser Training und ich machte mich auf den Weg nach Hause, um mich für die Arbeit fertig zu machen. Holli wollte im Fitness Studio duschen und dann direkt zu ihrem Shooting gehen. Ich würde niemals in der Lage sein, meinen Neid vollständig zu verbergen, dass sie einen Job hatte, bei dem es nicht nur akzeptabel, sondern sogar erwünscht war, möglichst schäbig und nicht zurecht gemacht aufzutauchen.
Heute würde sie für American Apparel posen und die bequemen Klamotten, die sie auf dem Weg tragen würde, fügten der Verletzung noch eine Beleidigung hinzu. ***
Hey, du hast dir deine ,Verletzungen‘ selbst zugefügt. erinnerte ich mich selbst, als ich meine Schlüssel in meine Handtasche steckte und mich auf den Weg zur Arbeit machte.
Ich hatte es wirklich übertrieben; und nicht auf dem Crosstrainer. Die Innenseiten meiner Oberschenkel taten weh, meine Stimme war rau von der enthusiastischen Überbeanspruchung und sogar meine Füße taten weh, vom ständig einrollen meiner Zehen. 
Es fühlte sich wundervoll falsch an, ins Büro zu schreiten, nachdem ich es mit dem Chef getrieben hatte, immer noch wund in den Muskeln und anderen Teilen.
Ich rannte praktisch, um die Bahn zu erwischen und beeilte mich, ins Büro zu kommen. Ich war später als sonst, aber ich wollte auf keinen Fall nach Neil bei der Arbeit ankommen. Ich wollte nicht dass er dachte, ich würde ihn ausnutzen, in dem ich Sex mit ihm gegen kürzere Arbeitszeit für mich eintauschte. 
Glücklicherweise lag er hinter seinem Zeitplan.
Ich hing meinen Mantel weg und platzierte das iPad auf seinem Schreibtisch, dann tippte ich noch eine kurze Nachricht in der Notizen- App.
Danke für die wundervolle Nacht. Könnte ich bitte meinen Slip zurückhaben? In diesem Moment könnte ich einen Slip tragen, oder auch nicht.
Ich lächelte vor mich hin. Natürlich trug ich einen Slip unter meinem grünen Bleistiftrock, aber das musste er ja nicht wissen.
„Entschuldigen sie bitte?“
Mein Kopf schoss nach oben und ich schloss schuldbewusst das Cover des Tablets. „Hi. kann ich ihnen helfen?“
Die Frau, die im Türrahmen stand, war praktisch Coolness auf zwei Beinen. Sie trug matt- schwarze Lederhosen, ein kunstvoll verwaschenes Shirt einer Band, die ich zwar nie gehört hatte, von der aber jeder sprach und eine golden umrandete Halskette.
Ihre Haut war leicht braun und makellos, sie trug hautfarbenen Lipgloss, um den dramatischen Look ihrer dick umrandeten Augen hervorzuheben. Ihr Lächeln war das wärmste und freundlichste, dass ich je bei jemandem gesehen hatte, dessen Nachname nicht Osmond war. „Hi, die Personalabteilung hat mich hoch geschickt. Ich habe ein Vorstellungsgespräch um acht?“
„Ja, natürlich.“ Ich bedeutete ihr, mir zu meinem eigenen Schreibtisch zu folgen und sprach dabei über die Schulter: „Es tut mir leid, aber Mr Elwood ist heute morgen spät dran -“
„Nein, bin ich nicht.“ In Neils Stimme lag ein Hauch Überraschung. Er trat hinter dem Raumteiler hervor, der den Kaffeebereich vom Rest des Büros abtrennte. Er hob seine Augenbrauen, während er aus einer schwarzen Kaffeetasse eine Schluck nahm.
Ich drehte mich zu der Frau um. „Kann ich ihnen etwas bringen? Kaffee, Wasser, Limonade?“
„Nein, danke.“ Sie warf ihr dunkles, glattes Haar über ihre Schulter und hielt Neil ihre Hand hin. „Ich bin Deja Williams.“
„Neil Elwood.“ Er schüttelte ihre Hand und deutete zu seinem Büro hin. „Wenn es ihnen nichts ausmacht, möchte ich gerne meine Assistentin Sophie dazu holen. Sie arbeitet hier schon länger als ich und weiß besser als ich, wer und was benötigt wird, um sie zu ersetzen.“
Ich folgte ihnen ins Büro und versuchte mental das beschämte Erröten unter Kontrolle zu bringen, dass mir den Hals hochkroch. Wie war es möglich, dass mir entgangen war, dass er bereits anwesend war?
Ich hatte nicht zu spät sein wollen und wie würde das ganze auf unsere Bewerberin  wirken? Überanstreng dich bloss nicht, es ist nicht allzu schwer, sie zu ersetzen. So würde das wirken.
Neil blieb neben dem Schreibtisch stehen und öffnete das Cover des iPads. Meine Nachricht war noch immer auf dem Bildschirm. Ich sah seinen Mundwinkel zucken als er sie las und ich brauchte all meine Willenskraft, nicht zu schmunzeln.
Sein Blick traf meinen nur für eine Sekunde, dann fokussierte sich seine ganze Aufmerksamkeit auf Deja Williams, die ihm gegenüber saß.
Ich war noch nicht ganz über die kulturelle Konditionierung hinweg, die uns Frauen dazu brachte, andere Frauen als Konkurrenz anzusehen. Es ist eine hässliche Wahrheit, aber sie ist nunmal da. 
Deja sollte mein Kryptonit sein. Sie war cool und wunderschön und witzig. Sie beantwortete alle Fragen aufrichtig, aber mit warmem, sicheren Humor. Sie war perfekt.
Entsprechend meiner normalen Mathematik hätte ich sie sofort hassen müssen.
Aber das war unmöglich. 
Als Neil sie fragte, wo sie in dem Business begonnen hatte, war ihre Antwort: „Mein Originalplan war es, mich vom Postraum bei Rock Monthly hoch zu arbeiten und dann irgendwann festangestellte Journalistin zu werden. Dann wurde mir klar, dass Schreiben nicht wirklich mein Ding war.“ 
Sie erzählte uns, was sie an ihrer letzten Chefin gemocht hatte: „Margot war nie sehr speziell in ihren Wünschen. Aber wir waren auf der gleichen Wellenlänge und ich stellte immer sicher, dass ich ihr besorgte, was sie brauchte.“ 
Um diesen perfekten Eisbecher zu krönen, musste Deja ihre derzeitige Arbeitsstelle aufgeben, da ihre Chefin als Chefredakteurin bei Rock Monthly zurücktrat. Sie wollte also nicht nur diese Stelle bei uns, sie brauchte sie und sie war in der Lage, den Job gut zu machen.
Selbst wenn ich nicht bei Porteras bleiben würde, so wollte ich doch, dass die Arbeit, die ich für zwei Jahre gemacht hatte, in guten Händen war.
Deja war genau die Richtige, um das zu tun, da war ich mir sicher.
Ich denke, Neil war sich auch sicher, aber er gab sich cool. „Also, erzählen sie mir, wenn sie sich eigentlich nach oben arbeiten, warum möchte sie dann wieder eine Stelle als Assistentin annehmen?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Weil ich gut in dem Job bin. Sehen sie, ich denke, ich sollte mich an Dinge halten, die ich gut kann. Wenn ich in dem was ich tue am besten bin, dann tue ich das, egal ob ich dann nur eine unterstützende Rolle spiele.“
Da wurde mir klar, was ich an ihr so sehr mochte. Sie war wie Hollis lange verschwollene Schwester oder so ähnlich. Sie hatten beide diese sachliche Einstellung, verbunden mit einer liebenswerten Persönlichkeit.
Neil stellte ihr noch einige weitere Fragen, dann schüttelte Deja uns die Hände und ich begleitete sie hinaus.
„Was denken sie, wie es gelaufen ist?“ fragte sie mich geradeheraus, als wir an der Rezeption ankamen.
„Wenn es nach mir ginge, hätten sie den Job.“ Vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen. Damit übertrat ich meine Befugnisse. Es war nur fair, sie zu warnen: „Ich weiß allerdings nicht, wie viele weitere Kandidaten noch zum Vorstellungsgespräch kommen. Ich werde aber versuchen, ein gutes Wort für sie einzulegen.“
„Danke.“ Sie lächelte mich mit ihrem megafreundlichen Lächeln an und wir schüttelten uns noch einmal die Hand, weil ich nicht wusste, was sonst zu tun war.
Als ich ins Büro zurück kam, hatte Neil sich gerade eine weitere Tasse Kaffee eingeschenkt und ich sah ihn grimmig an. „Willst du mich aus meinem Job drängen?“
„Hmm?“ Er blickte kurz auf die Tasse in seiner Hand. „Sei nicht albern. Wenn ich sowieso schon stehe, kann ich mir gelegentlich auch selbst eine Tasse holen. Was hälst du von ihr?“
Ich nickte, entschlossen eine Antwort zu geben, die nicht zu sehr in eine Richtung drängte. Immerhin musste ja nicht ich mit ihr arbeiten, zumindest nicht für lange. Und während ich meine Aufgaben bei Gabriella sehr gut gekannt hatte, hatte ich noch immer keine Ahnung, wie ich die passende Assistentin für Neil sein konnte. Aber als ich meinen Mund öffnete, sprudelte ich hervor: „Du musst sie einstellen.“
Er sah überrascht aus. „Du mochtest sie?“
„Du nicht?“ War er verrückt? Sie war wundervoll. „Ich denke, sie ist wirklich die Richtige für den Job. Sie wird zu den Leuten hier passen, obwohl sie nicht so verkrampft ist wie die Kollegen. Und sie hat Erfahrung.“
„Du legst dich ja sehr für sie ins Zeug.“ sagte Neil mit einem Lächeln. „Bedeutet das, dass du die Stelle in der Beauty- Redaktion annimmst?“
„Ich...“ Ich runzelte die Stirn. Noch hatte ich ihm keine Antwort gegeben, aber er suchte schon einen Ersatz für mich? Aber er hatte ja sowieso vorgehabt, mich zu ersetzen.
„War das alles, um mich zu einer Entscheidung zu drängen?“
„Nein, war es nicht. Ich schwöre.“ Er ging zu seinem Büro und ich folgte ihm. „Du sagtest, du wolltest nicht meine Assistentin sein und ich stimmte zu, es wäre unangebracht. Warum, hast du dich entschieden?“
Ich lehnte mich gegen den Türrahmen und verschränkte meine Arme. „Ja, ich nehme die Stelle an.“
„Gut.“ Er entriegelte die Sperre des iPads und hob es hoch. „Die Antwort zu dieser Bitte ist übrigens nein. Und zieh auch den Slip aus, den du gerade trägst.“
Oh mein Gott! Konnte ich das tun? Ich sah über meine Schulter, durch die Glaswand der äußeren Büros. Dahinter, in der Lobby, telefonierte Invanka mit ihrem Headset und die Aufzugtüren hatten sich gerade geöffnet.
„Nicht hier.“ sagte er, seine Mundwinkel zuckten, als er versuchte, ein Grinsen zu unterdrücken. „Setz dich an deinen Schreibtisch und tu es. Ich werde dir den Slip nicht wegnehmen. Ich fange keine verrückte Sammlung damit an. Ich mag nur den Gedanken daran.“
„Und woher willst du wissen, ob ich es wirklich getan habe?“ Meine Zungenspitze schoss hervor, um meine Oberlippe zu berühren als ich ihn anlächelte.
„Du kannst dir nie sicher sein, Sophie. Vielleicht werde ich es überprüfen.“
Die äussere Bürotür öffnete sich, Rudy trat ein und nahm direkten Kurs auf Neils Büro. Neil wies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch und begrüßte ihn mit: „Hast du heute morgen von Carol gehört?“
„Habe ich und es sind keine guten Nachrichten. Sie wollen in der Februarausgabe ihre zweiseitige Werbung auf eine einseitige Werbung reduzieren und was die Märzausgabe betrifft, werden sie sich noch mal melden.“
Neil sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. „Sie haben noch ein Projekt zu erledigen, nicht wahr?“
„Ja, Sir.“ zwitscherte ich und ging, um seiner Anordnung Folge zu leisten.
Neil hatte recht. Ich konnte auf keinen Fall seine Assistentin bleiben. Wir würden keine Arbeit zustande bringen.


*** Der Ausdruck "add insult to injury" kann mit "dem Ganzen die Krone aufsetzen" übersetzt werden. Allerdings habe ich hier wörtlich übersetzt, da sonst der Wortwitz, der dadurch im nächsten Satz entsteht, nicht zum tragen gekommen wäre.

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